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Wenn sich Konflikte nicht von selbst auflösen

Was ist Kommunale Konfliktberatung?

Der österreichische Konfliktforscher Friedrich Glasl (Glasl 1998) beschreibt die Eskalationsdynamik von Konflikten. Er macht deutlich, dass sich Konflikte, wenn sie nicht bearbeitet werden, schnell in eine zunehmend gewaltträchtigere und zerstörerische Abwärtsspirale begeben. Während zu Beginn des Konfliktgeschehens die Protagonist/innen selbst diese Entwicklung noch konstruktiv beeinflussen können, eventuell auch mit Hilfe kompetenter Personen aus ihrem Umfeld, so stellt sich schon bald die Frage, ob die Beteiligten den Konflikt noch im Griff haben oder es bereits der Konflikt ist, der das Verhalten der Beteiligten kontrolliert. Glasl beschreibt dann unterschiedliche Methoden, mit denen die Eskalationsdynamik aufgehalten oder sogar zurückgedreht werden kann.
Studentinnen in einem Seminar zur Kommunalen Konfliktberatung
© forumZFD/Sylvia Lustig

In den vergangenen drei Jahrzehnten hat sich die Mediation als ein Verfahren etabliert, um Konflikte in Familien, in der Nachbarschaft und in Organisationen konstruktiv zu bearbeiten. Hinzu kommen Erfahrungen mit verschiedenen Dialogformaten, die sich in bestimmten Konfliktkonstellationen als hilfreich erwiesen haben. Seit gut zehn Jahren wird der methodische Ansatz der Kommunalen Konfliktberatung als konstruktive Antwort auf äußerst komplexe Konfliktgeschehen in Gemeinden, Städten und Landkreisen eingesetzt.

Komplexität von Konflikten als Herausforderung

Wodurch zeichnet sich diese Komplexität aus? Wie bereits Glasl und andere erkannt haben, sind Konflikte ansteckend. Unbearbeitet tendieren sie dazu, ihre Arenen auszudehnen und zusätzliche Neben- und Folgekonflikte hervorzurufen, so dass schließlich häufig gar nicht mehr klar ist, was der Hauptkonflikt ist dies hängt von der Perspektive des jeweiligen Akteurs ab und könnte sogar selbst zum Konfliktgegenstand werden.

Gemeinden, Städte und Landkreise verfügen über eine Vielzahl von Akteuren, die miteinander in (nicht ausschließlich von Konflikten bestimmten) Wechselwirkungen und Abhängigkeiten stehen. Diese Akteure –also Personen, Organisationen, Gruppen oder Institutionen – erleben die Haupt-, Neben- und Folgekonflikte mit unterschiedlicher Dringlichkeit und sind daher nicht gleichzeitig mit gleicher Intensität involviert.

Ein dritter Aspekt, der kommunales Konfliktgeschehen charakterisiert, ist das unterschiedlich große Machtgefälle zwischen verschiedenen Akteuren, dass beispielsweise den sinnvollen Einsatz von Dialogmethoden beeinflusst. Kommunale Konflikte thematisieren daher außer den Positionen, Interessen und Bedürfnissen der Akteure immer auch Fragen, die sich auf die gesellschaftliche Integration einer Gemeinde, Stadt oder eines Landkreises und auf die Teilhabe ihrer unterschiedlichen Gruppen beziehen.

Kommunale Konfliktberatung wählt aus diesem Grund ein systemisches Vorgehen, welches die das Konfliktgeschehen ausmachenden Dynamiken in den Wechselbeziehungen zwischen unterschiedlichen Akteuren in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückt. Diese Dynamiken entstehen durch Entscheidungen, Verhalten und Unterlassungen, Einstellungen und Haltungen, aber auch durch Wahrnehmungen und Annahmen der beteiligten Akteure.

Kommunale Konfliktberatung (Berndt/Lustig 2016) lässt die Verantwortung für die Bearbeitung der Konflikte bei den Akteuren vor Ort und nutzt die dort vorhandenen Ressourcen, Erfahrungen und Ansätze für ihre Bearbeitung. Kommunale Konfliktberatung ist die Beratung relevanter Akteure im kommunalen Geschehen, die ihre Konflikte bearbeiten. Diese Beratung findet in Form einer mandatierten, allparteilich verstandenen Intervention durch ein externes Beratungsteam für einen begrenzten Zeitraum statt.

Ausgangspunkt ist stets die Anfrage eines lokalen Akteurs, verstanden als eine Problemanzeige. Das Beratungsmandat wird in plural organisierten demokratischen Gesellschaften durch Spitzenentscheidungsträger/innen an einen Beratungsträger erteilt, der dann das Beratungsteam einsetzt. Im Allgemeinen sind diese Mandatierer/innen die Bürgermeisterinnen oder Bürgermeister, Stadträte, Dezernent/innen der Gemeinden, Städte oder Landkreise, da diese legitimiert sind, für die ganze kommunale Gesellschaft zu sprechen.

Das Beratungsteam versteht sich daher nicht als Auftragnehmer des Anfragenden oder des Mandatierenden, also nicht als Dienstleister, welcher der Weisungsbefugnis eines/r Auftraggebers/in folgen soll. Eine solche Konstellation würde einen parteilichen Einsatz für den/die Auftraggeber/in bedeuten. Stattdessen handelt es sich um eine Kooperation mit kommunalen – staatlichen und/oder auch zivilgesellschaftlichen – Akteuren mit dem Ziel, eine Transformation von Spannungen und Konflikten in die Wege zu leiten.

Direkte Empfänger/innen der Beratungsleistung sind Schlüsselpersonen aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft mit lokaler Entscheidungsbefugnis, wie Führungskräfte in der Stadt- bzw. Gemeinde- oder Landkreisverwaltung und Politik, Entscheidungsträger/innen und Praktiker/innen auf Quartiersebene. Wichtiger Bezugspunkt ist die Zivilgesellschaft, die in verschiedenen Formen organisiert ist (Vereine, mehr oder weniger formalisierte Gruppen und Initiativen, Strukturen sozialer Träger etc.), nicht vorrangig auf die Generierung von Profit ausgerichtet ist und sich wertorientiert für eine Verbesserung des Zusammenlebens engagiert. Letztendlich ist die indirekte Zielgruppe des Beratungsprozesses die gesamte Stadtgesellschaft.

Die systemische Herangehensweise der Kommunalen Konfliktberatung ist dadurch charakterisiert, dass sie

  • nach verschiedenen Sichtweisen, den »Wirklichkeiten« der Beteiligten fragt, die hinter den geäußerten Positionen im Konflikt stehenden Interessen und Bedürfnisse sichtbar macht und die Dynamiken in den Konfliktbeziehungen erhellt,
  • den Einsatz externer Berater/innen nutzt, um Vertrauen in den Konfliktbearbeitungsprozess zu schaffen, einen Perspektivwechsel zu ermöglichen und den Akteuren die Wirkungen ihrer Handlungen und Haltungen zu spiegeln,
  • die Konflikte verursachenden und sie eskalierenden Zusammenhänge nicht auf lineare Erklärungen – also einzelne Ursache-Wirkung Verbindungen – fokussiert, sondern das gleichzeitige Wirken verschiedener Ursachen, die Wechselwirkungen verschiedener kausaler Zusammenhänge und ihre Rückkoppelungen – alltagssprachlich »Teufelskreise« – in den Blick nimmt, damit auch »Erzählungen« über die Konflikte kritisch hinterfragt,
  • konstruktive, Konflikt und Gewalt mindernde Dynamiken aufzeigt und dadurch Impulse gibt, diese Wirkungen durch gezielte Entscheidungen der Akteure zu verstärken,
  • an vorhandene Ressourcen anknüpft, also vor allem an lokale Akteure und deren Kapazitäten.

In den folgenden Abschnitten soll dies an zwei Fallbeispielen illustriert werden. Im ersten Beispiel werden Beratungsprozesse dargestellt, die Integrationskonflikte in niedersächsischen Kleinstädten zum Gegenstand hatten und vom Forum Ziviler Friedensdienst (forumZFD) durchgeführt wurden.

Das zweite Beispiel betrifft eine ostdeutsche Stadt, deren Beratungsprozess auf Konflikte um gesellschaftliche Teilhabe auf kommunaler Ebene antwortet. Die Beratung wurde vom Kompetenzzentrum Kommunale Konfliktberatung des Vereins zur Förderung der Bildung – VFB Salzwedel umgesetzt.

Zuwanderung und demographischen Wandel als Chance begreifen

Seit über zehn Jahren arbeitet das forumZFD mit dem Ansatz der Kommunalen Konfliktberatung in Gemeinden, Städten und Landkreisen in Deutschland in Verbindung mit den Themen Migration und Integration (Berndt/Korkor/Lustig 2016). Beispielsweise in einer norddeutschen Kleinstadt, welche die Aufnahme von Geflüchteten während der Phase starken Zuzugs im Jahre 2015 ohne große Probleme gemeistert hatte. Trotzdem kam es zeitweise zu einer Zunahme von Spannungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, die sich im öffentlichen Raum eines Parks und im Umfeld des Bahnhofs manifestierten. Ordnungswidrigkeiten und illegale Aktivitäten wurden migrantisch markierten Gruppen zugeschrieben; Interventionen der Polizei nahmen zu und das Sicherheitsgefühl in Teilen der Bevölkerung ab, vor allem bei »Alt-Eingesessenen«. Diskussionen in der Stadtöffentlichkeit drehten sich vermehrt um das Thema Sicherheit.

Als eine erste unmittelbare Maßnahme bestellte die Stadtverwaltung für einige Monate einen privaten Sicherheitsdienst, der sichtbare Präsenz an den betroffenen Orten zeigte und dort das Gespräch mit anwesenden Personen und Gruppen suchte. Um das gute Miteinander in der Stadt nicht zu gefährden, war der Stadtverwaltung über diese erste Reaktion hinaus daran gelegen, auch weiterhin ein gutes Management des Zusammenlebens sicher zu stellen. Deshalb vereinbarten die Verwaltungsspitzen eine Kooperation mit dem forumZFD, um die Herausforderungen mit dem methodischen Ansatz der Kommunalen Konfliktberatung anzugehen.

Neben den Bürgermeistern gehörten den Lenkungsrunden zur Steuerung der Kooperation Führungskräfte und Mitarbeitende aus mehreren Fachbereichen an, z.B. Sicherheit und Ordnung, Inklusion und Integration, Bildung und Kultur, Öffentlichkeitsarbeit; in anderen Fällen waren auch Mitglieder des Stadtrates und Führungskräfte des Landkreises Teil dieses Gremiums, sehr häufig ist auch die Polizei vertreten.

Zunächst führten die Berater/innen des forumZFD Hintergrundgespräche in Einzel- oder Gruppensituationen, unter anderem mit Angestellten von Sozialen Trägern, Stadtverwaltung und Landkreis, mit Polizist/innen, Bewohner/innen, Jugendlichen in sozialen Einrichtungen und ehrenamtlich Engagierten. Die auf der Grundlage dieser Gespräche mit mehr als dreißig Personen erarbeiteten Analysen hatten hauptsächlich zwei Ziele: einerseits möglichst viele Perspektiven auf das Geschehen kennen zu lernen und darzustellen sowie anderseits die Situation in wenigen, möglichst übersichtlichen Kernfaktoren und den mit ihnen zusammenhängenden Dynamiken zu verstehen und zu verdichten. Das Ergebnis dieser Systemischen Situations- und Konfliktanalyse (oder die für die jeweiligen Akteure relevanten Ausschnitte der Gesamtanalyse) wurden in den Lenkungsrunden vorgestellt und an Mitarbeitende der Stadt, der Sozialen Träger, der Polizei und andere Akteure zurückgespiegelt sowie mit Jugendlichen und ehrenamtlich tätigen Menschen besprochen.

Aus der Analyse und den nachfolgenden Gesprächen entstanden viele Ideen für den Umgang mit dem Konfliktgeschehen, die das Beratungsteam als eine reiche Sammlung von Handlungsoptionen in die Lenkungsrunde einbrachte. Die Liste der Ideen und möglichen Maßnahmen war thematisch sortiert.

In der Kategorie »Ehrenamt« wurden beispielsweise die Stärkung, Einbindung und Würdigung Ehrenamtlicher und die Erleichterung des Mitmachens für Geflüchtete benannt. »Öffentlichkeitsarbeit« fokussierte darauf, dass Inhalte zum Zusammenleben in der Gemeinschaft stärker in sozialen Medien dargestellt werden könnten. Unter der Überschrift »Integration und Teilhabe« ging es um die stärkere Einbindung von Migrant/innen in Gremien und Institutionen, die Durchführung von Dialogveranstaltungen zu Themen des Zusammenlebens und die Erstellung eines »Leitfadens Integration« zur besseren Orientierung und Abstimmung unter den Mitarbeitenden der Stadtverwaltung, des Ehrenamtes und der Sozialen Trägern. Dieser Leitfaden nahm eine zentrale Rolle ein, denn allen Beteiligten war bewusst, dass mehr gemeinsame Klarheit über vereinbarte Ziele (z.B. Ausbau von Möglichkeiten des Spracherwerbs für neu Zugezogene, Schaffung geschützter öffentlicher Räume für Jugendliche, Zugangserleichterungen für Wohnraum) mithelfen würde, Konkurrenzen abzubauen, Synergien zu schaffen und die Zusammenarbeit der Akteure wirkungsvoller zu gestalten.

Andere Kategorien der Ideensammlung befassten sich ebenfalls mit der Zusammenarbeit verschiedener Behörden, öffentlicher Institutionen und Einrichtungen, unter anderem um Lücken im Angebot (z.B. sozialpsychologische Beratung in Bereichen wie Prävention oder Traumatisierung) oder konkurrierende Maßnahmen zu vermeiden. Daneben war die Erfahrung des gemeinsamen Prozess der bedeutendste Lerneffekt in der Stadtgesellschaft: wie kann es gelingen, für eine ganz spezifische, herausfordernde Situation die darauf passende Kombination von Maßnahmen und deren Priorisierung zu entwickeln und dabei den jeweils eigenen Interessen und Anliegen treu zu bleiben?

Im Verlauf eines auswertendenden Rückblicks auf die Beratungskooperation berichtete ein Mitglied der Lenkungsrunde, dass »ein Durchbruch erreicht wurde«, als die Hintergrundgespräche geführt wurden – also noch bevor die Analyse fertig gestellt und präsentiert worden war. Der eigentliche Zugewinn durch die Kooperation mit dem forumZFD lag nicht hauptsächlich im Erstellen eines Handlungskonzepts, sondern in den Veränderungen, die sich in der Wahrnehmung des Konflikts durch die am Konfliktgeschehen beteiligten Personen und Gruppen ergaben. Für ein Mitglied einer Lenkungsrunde war ein Schlüsselmoment, als seine Institution im Beratungsgespräch »mit sich selbst konfrontiert« wurde, und als er sich und seine Kolleg/innen »einmal von außen« sehen konnte und sich die Frage stellte, wie die Institution eigentlich von den anderen wahrgenommen werde. Dieses Erleben beschreibt einen zentralen Aspekt bei der Transformation von Konflikten, der auch im kommunalen Kontext wirkt: eine neue Sichtweise auf sich selbst, das eigene Handeln und Tun zu entwickeln als Voraussetzung dafür, sich in die anderen hineinversetzen zu können und dann möglicherweise auch die Situation neu zu verstehen und das eigene Konflikthandeln zu verändern.

Ein anderes Mitglied einer Lenkungsrunde nannte diesen Vorgang eine Verschiebung vom »Reden über bestimmte Gruppen« hin zu einem »Reden mit den Gruppen«, und schließlich zu einem Verständnis, dass es eigentlich nicht um die Gruppen selbst ginge, sondern um das Zusammenleben in der Stadt und zum Beispiel um die Frage, »was wir dazu beitragen wollen und können«.

Ganz praktische Konsequenzen hatte dieser Wandel in den Einstellungen und Haltungen, als es nicht mehr ausschließlich um die Einrichtung und Besetzung eines Beirats für Integration ging, sondern um die Frage, wie mit dem Beirat im Zusammenwirken der Gremien umgegangen werde. Denn nun wurden grundlegende Machtbeziehungen thematisiert: zum Beispiel wie es im Beirat gelingen kann, die Interessen und Bedürfnisse von Migrant/innen tatsächlich in die Gestaltung der Stadtgesellschaft einzubringen. Auf dem Treffen der Lenkungsrunde wurde schließlich eine Liste mit über 50 Anregungen besprochen und priorisiert, aus der eine überschaubare Anzahl von Optionen ausgewählt wurde. Kriterien für die Auswahl waren Möglichkeiten und Kapazitäten der beteiligten Institutionen und Organisationen, die zu erwartenden Wirkungen und die Dringlichkeit der durch konkrete Maßnahmen adressierten Probleme. Die Stadtverwaltung entschied sich dann dafür, die Koordination mit anderen Akteuren aus der Stadtgesellschaft zu übernehmen. An diesem Punkt wurde die Kooperation zwischen der Stadt und dem forumZFD beendet, da der durch die Beratung angestoßene Prozess ausreichend Momentum besaß, um nachhaltig vor Ort weitergeführt zu werden.

»Ohne Bürgerinnen und Bürger keine Stadt«

In einer im strukturschwachen ländlichen Raum im Norden Sachsen-Anhalts gelegenen Stadt mit vergleichbarer Einwohner/innenzahl wie im vorigen Fallbeispiel erteilte die Bürgermeisterin dem Kompetenzzentrum Kommunale Konfliktberatung des Vereins zur Förderung der Bildung – VFB Salzwedel e.V. den Auftrag, sich mit der Kluft zwischen Verwaltung und Politik auf der einen Seite und Bürgern und Bürgerinnen auf der anderen zu befassen. Warum funktionierte der Austausch nicht?

Obwohl sich die Stadtverwaltung bemüht hatte, Beschlussvorlagen im Voraus zu veröffentlichen und die kommunale Öffentlichkeit zu Kommentaren und Vorschlägen einzuladen, wurden immer wieder Vorwürfe laut, »die Politik« würde sich nicht für die Bürger/innen interessieren und an ihnen vorbei regieren. Auf der anderen Seite bemängelten Vertreter/innen kommunaler Politik fehlendes Interesse der Bürgerschaft an kommunalen Anliegen, was sie an mangelnder Beteiligung an Bürgersprechstunden, bei Ausschuss- oder Ratssitzungen festmachten. Sie sahen ihre Bemühungen nicht honoriert, in analogen Medien (Amtsblatt, Zeitungen) oder im Internet über anstehende kommunale Entscheidungen zu informieren; im Gegenteil erlebten sie häufig, dass sie bei Kommunikationsversuchen Anfeindungen und unsachlicher Kritik ausgesetzt waren. Sie wünschten sich ein langfristig angelegtes Engagement von Bürgerinnen und Bürgern, sahen stattdessen aber nur die punktuelle und häufig späte Mobilisierung, d.h. hochemotionale Empörung und heftige Kritik erst zum Zeitpunkt der Umsetzung von Entscheidungen, während sich davor niemand geäußert hätte.

Das auf der Grundlage dieses Auftrags in der Stadt eingesetzte Beratungsteam setzte sich in den folgenden Wochen mit einer Vielzahl von Verantwortlichen in Verbindung: in der Stadtverwaltung, in den Stadtratsfraktionen, in den über das große Stadtgebiet verteilten Ortsteilen – z.T. früher eigenständigen Dörfern – in Vereinen und bei Sozialen Trägern und Wohlfahrtsverbänden, aber auch im lokalen Wirtschaftsleben, in Schulen, Kindertagestätten und Bildungsträgern. Ziel war es, ihre Erfahrungen und Sichtweisen zu hören und ihnen deutlich zu machen, dass sie Teil des Konfliktbearbeitungsprozesses sind. Darüber wurde auch im Sozialausschuss des Stadtrats und in der lokalen Presse berichtet und diskutiert.

Das Beratungsteam hat in dieser Phase zunächst die Rolle der Zuhörenden übernommen: nicht bewerten, aber das jeweilige Erleben der Beteiligten möglichst gut verstehen. Wenn ein Kommunalpolitiker sagt: »Diese Kommunikationsschleifen... Bürgerbeteiligung ist schön, aber dafür fehlen mir schlicht die Ressourcen«, dann ist dies entsprechend der Kategorisierung des Kommunikationswissenschaftlers Friedemann Schulz von Thun (Schulz von Thun 1989), vor allem eine Selbstaussage (übersetzt: »Ich bin überlastet und brauche zeitnahe Lösungen«). Die Anwohner/innen verstehen diese Aussage jedoch als Absage an ihre Beteiligung (übersetzt: »Er will nicht mehr mit uns reden«).

Die Aussage der Ortschaftsvertreter/innen (»Wir werden von der Stadt ständig übergangen und unsere Anliegen spielen oft keine Rolle«) wurde von Kommunalpolitiker/innen zum Teil als Unterstellung gehört, war aber wohl eher als Appell gedacht (übersetzt: »Kümmere dich um uns und höre uns zu!«).

Die Aussage des Seniorenbeirats, dass für alte Menschen in den Ortsteilen die Stadt nun gar nicht mehr erreichbar sei (Beziehungsaussage: »Wir wollen aktiver Teil der Stadtgesellschaft bleiben«), machte deutlich, dass das Problem insgesamt komplexer ist als ursprünglich gedacht, denn es bezieht z.B. auch die verkehrstechnische Anbindung der Ortsteile an die Kernstadt mit ein, obwohl der ÖPNV vordergründig mit der ursprünglichen Konfliktbeschreibung wenig zu tun hatte.

Es bestätigte sich, dass in der beratenen Stadt ein hohes Maß an Frustration bei unterschiedlichen Akteuren und innerhalb der gegenseitigen Beziehungen herrschte, das in seinem Ausmaß häufig nicht durch die tatsächlichen Gegebenheiten begründet werden konnte: Bürger/innen sowie Vertreter/innen der kommunalen Gesellschaft, die nicht in Stadtrat und Verwaltung vertreten sind, waren skeptisch gegenüber der Politik auf allen föderalen Ebenen, insbesondere auch in der Kommune. Sie sahen ihre Anliegen nicht umgesetzt, zweifelten die Richtigkeit kommunaler Entscheidungen an und fanden ihre Prioritäten nicht wieder. Die Bürger/innen waren skeptisch, inwieweit die demokratischen Gremien der Stadt ihre Interessen vertreten; sie äußerten die Vermutung, dass die Politik nur die Interessen einiger weniger einbezögen, etwa der städtischen Zentren der durch eine Gebietsreform im Bundesland Sachsen-Anhalt aus Effizienzgründen neu zusammengelegten Großgemeinden oder der Politiker/innen selbst. Insbesondere fehlte Bürgerinnen und Bürgern der Einblick in Verwaltungsabläufe, Entscheidungsprozesse und Funktionsweise von Institutionen.

Die kommunale Verwaltung sah sich durch die Umsetzung von Entscheidungen der Landesregierung (z.B. Regelungen zur personellen und materiellen Ausstattung der Freiwilligen Feuerwehr) und der Folgen der Gebietsreformen überlastet und beeinträchtigt, wenn z.B. politische Vorgaben den rechtlichen Voraussetzungen oder den städtischen Finanzen widersprechen. Ein Beispiel dafür war die Notwendigkeit, Adressbezeichnungen in der Kommune eindeutig zu halten, um Notdiensten, Zusteller/innen und anderen Dienstleistungen ihre Arbeit zu ermöglichen. Durch die Zusammenlegung von Ortschaften gab es nun innerhalb einer Gemeinde mehrere Haupt-, Dorf- oder Feldstraßen und Anwohnerinnen und Anwohner befürchteten einen weiteren Identitätsverlust, wenn sie nach dem Verlust des Gemeindestatus nun auch noch ihre Straßen umbenennen sollten. Politik und Verwaltung wünschten sich Engagement, waren aber häufig zugleich sehr skeptisch, was »Bürgerbeteiligung« angeht. In manchen Ortsteilen gab es Vereine, die mit innovativen Konzepten tätig wurden, die aber gleichzeitig die Einheit der Gemeinde in Frage stellten und die Stadträte oder Verwaltungen überforderten. Unterschiedliche Ortsteile entwickelten widersprüchlich erscheinende Ansprüche an Teilhabe.

Im Spannungsfeld gegenseitiger Vorwürfe und Frustrationen wurde deutlich, dass sich alle Seiten als Opfer einer Situation wahrnahmen. Der Widerspruch zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen und Interessen schien nur schwer auflösbar. In Bezug auf das Zusammenleben in der Stadt erwiesen sich folgende Schlüsselthemen als zentral:

  • Das Vertrauen in die eigene politische Wirksamkeit ist beeinträchtigt.
  • Der Mehrwert von politischen Institutionen der Stadt wird in Frage gestellt.
  • Die Entwicklung eines Selbstverständnisses als Einheitsgemeinde ist (noch) nicht abgeschlossen.

Die aus diesen Schlüsselthemen entstandenen Wahrnehmungen und Einstellungen, damit zusammenhängende Verhaltensweisen und Handlungen sowie die Wirkungen des Zusammenspiels aus Haltungen und Handlungen unterschiedlicher Akteure wurden in der Folge grafisch aufgearbeitet und mit einzelnen Akteuren der Stadtgesellschaft erneut diskutiert, verbunden mit folgenden Fragen: Spiegelt die Grafik wider, was Sie in ihrer Stadt erleben? Was müsste sich ändern, damit das Zusammenleben für alle befriedigender gestaltet werden kann? Was wären Sie bereit, dazu beizutragen?

Schnell zeigte sich, dass der Konfliktbearbeitungsprozess in die Breite getragen werden muss. Deshalb wurden sogenannte »Zukunftsgespräche« veranstaltet. Dazu wurden Moderator/innen aus der Stadt fortgebildet und in den Ortsteilen zu gemeinsamen Beratungen eingeladen. Die Moderator/innen sorgten für eine Atmosphäre gegenseitigen Zuhörens, die auch gewahrt wurde, als widerstreitende Ansichten geäußert wurden. An den Zukunftsgesprächen nahmen Bürger/innen aus den Ortsteilen, Mandatsvertreter/innen aus dem Stadtrat und den Ortsteilen teil. Die Gesprächsrunden wurden im Sinne eines moderierten Stammtisches organisiert. Insbesondere auf Seiten der Bürger/innen waren überwiegend Personen dabei, die sich bislang nicht geäußert hatten; diesen Menschen zuzuhören, war für manche Lokalpolitiker/innen neu. Sie entdeckten, dass Zuhören gewinnbringend für ihren politischen Auftrag sein kann.

Eine Aufgabe der Gespräche war es, mögliche Beiträge der Anwesenden für Veränderungen in der Stadtgesellschaft zu identifizieren. Die aus einer Reihe von Zukunftsgesprächen entwickelten Ideen und Vorschläge wurden veröffentlicht, die Bürgermeisterin und die Stadtverwaltung reagierten mit konkreten Antworten in Bezug auf Umsetzungsschritte, nicht immer mit Zuspruch, jedoch mit Offenheit und Interesse für die benannten Anliegen. Durch den Prozess inspiriert, wurden die Zukunftsgespräche in der Folge zum Modell für andere Formen der Beteiligung in der Stadt, z.B. in Bezug auf Jugendbeteiligung.

Wenn Konflikte ernst genommen werden und wenn in Konflikten alle Beteiligten ihre Interessen und Bedürfnissen beteiligungsorientiert einbringen können, dann eröffnen sich Chancen für die Zukunftsentwicklung vor Ort.

Kommunale Konfliktberatung als Kooperation mit öffentlichem Auftrag

Kommunale Konfliktberatung orientiert sich – wie die Beispiele aus der Praxis zeigen – am spezifischen Konfliktgeschehen vor Ort und unterstützt beratend die konstruktive Bearbeitung des oder der Konflikte. Auftragnehmer und kommunale Entscheider/innen schließen zu Beginn eines Beratungsprozesses einen Kooperationsvertrag.

In dieser Vereinbarung werden unter anderem dargelegt: das Verständnis von Kommunaler Konfliktberatung als Prozessunterstützung, die Rollen und Beiträge der Kooperationspartner, Anlass, Gegenstand und Ziele der Kooperation sowie der Mechanismus, der für das Monitoring und die Lenkung des Beratungsprozesses vorgesehen sind. Über diese Vereinbarung hinaus bleiben die Berater/innen unabhängig. Damit wird sichergestellt, dass die Beratung eine Intervention von Dritten, also von außerhalb des Konflikts bleibt.

Der Beratungsprozess der Kommunalen Konfliktberatung, der sich über einen Zeitraum von sechs Monaten bis zu mehreren Jahren erstrecken kann, ist in sieben Beratungsschritte gegliedert:

  1. Vertrauensaufbau und Beratungsmandat
    Vertrauensaufbau und Erteilung des Beratungsmandats stehen zu Beginn des Beratungsprozesses, häufig lange bevor eine Kooperation vereinbart werden kann. Sie sind jedoch auch dann immer wieder notwendig, wenn Akteure – oder ihre Repräsentant/innen – zum ersten Mal gesprochen und in den Bearbeitungsprozess einbezogen werden. Aus Sicht der Akteure im Konfliktsystem müssen der Mehrwert einer Konfliktbearbeitung und der Beratung sowie Aufgaben und Rollen der Berater/innen verstanden werden. Sie müssen ihr Einverständnis für eine Beteiligung am Prozess erteilen, zumindest implizit, indem sie sich bereit erklären, an einem Gespräch teilzunehmen.
  2. Perspektiven hören
    Hintergrundgespräche tragen dazu bei, dass Akteure sprechfähig werden und ihre Erfahrungen, Perspektiven und Sichtweisen in den weiteren Prozess einfließen können. Dies geschieht in Einzel- und Gruppengesprächen mit Bürger/innen und Akteuren vor Ort, moderierten Gesprächsforen, Workshops u.a. Hintergrundgespräche bilden außerdem die Grundlage für die Anfertigung einer Systemischen Situations- und Konfliktanalyse. Die Bereitschaft zuzuhören hat sich als Voraussetzung dafür erwiesen, dass Konfliktakteure überhaupt bereit sind, sich mit ihrer eigenen Rolle im Konflikt und den Anliegen der anderen Konfliktparteien auseinanderzusetzen. Bestenfalls werden sie dadurch in die Lage versetzt, den Konflikt zu beschreiben oder zumindest einer Beschreibung des Konfliktgeschehens durch Berater/innen zuzuhören. Berater/innen schaffen dafür einen geschützten Raum für empathisches Zuhören, in dem Vertrauliches vertraulich bleibt, ohne die Positionen und Standpunkte der Akteure zu übernehmen.
  3. Das Konfliktgeschehen ergründen und verstehen
    Mit Methoden aus dem Instrumentarium der Konfliktanalyse wird eine umfassende Situations- und Konfliktanalyse angefertigt. Faktoren für lokale Herausforderungen werden erfasst und Dynamiken sichtbar gemacht. Zum Einsatz kommen dabei systemische Analyseverfahren, die von Berater/innen methodisch eingeführt und umgesetzt werden. Akteure im Konfliktgeschehen im kommunalen System setzen sich mit einem Modell (oder dem Entwurf oder Vorschlag eines Modells) für das Verständnis des Konfliktgeschehens auseinander, sie erkennen ihre eigene Rolle in Bezug auf Dynamiken, aber auch die anderer Akteure. Der Konflikt oder die Konflikte werden ihnen deutlicher und stellen sich zunehmend als Probleme dar, mit denen die kommunalen Akteure umgehen müssen. Sie können sich als Akteure in konstruktiven Veränderungsprozessen verstehen und entsprechende Verantwortung übernehmen.
  4. Handlungsoptionen entwickeln
    Die Situations- und Konfliktanalyse dient als Basis für die Identifikation von Ressourcen und die Entwicklung von Handlungsoptionen durch Vertreter/innen der Stadtgesellschaft. Dies wird durch die Berater/innen begleitet. Konfliktakteure übernehmen Verantwortung dafür, neue Handlungsoptionen zu entwickeln oder bereits bestehende Maßnahmen an das Konfliktgeschehen so anzupassen, dass daraus konstruktive Dynamiken entstehen. Sie sehen sich als Teil eines handelnden Kollektivs, durchbrechen die einer Opferhaltung innewohnende Ohnmacht, achten aber auch auf die Wahrung ihrer eigenen Interessen. Es wird über bestehende Schnittstellen von Verantwortlichkeiten hinweg nachgedacht und entschieden. Berater/innen unterstützen dies, helfen Hindernisse abzubauen, Vertrauen in die Handlungsbereitschaft anderer Akteure zu entwickeln, geben Anregungen, beleuchten vorgeschlagene Handlungsoptionen auf ihre intendierten und nicht intendierten Wirkungen auf das Konfliktgeschehen. Sie bleiben offen für neue Sichtweisen und wertschätzen Bewegung im Prozess.
  5. Handlungsoptionen auswählen und Synergien schaffen
    Es wird ein Handlungskonzept diskutiert und abgestimmt. Hierfür wird Verbindlichkeit zwischen den Akteuren in der kommunalen Gesellschaft hergestellt. Akteure erleben sich als Teil einer konstruktiven Dynamik (Aufbruch), an der auch andere mitwirken. Das zu Beginn des Prozesses den Berater/innen erteilte Vertrauen wird zunehmend auf den Konfliktbearbeitungsprozess und die anderen Konfliktakteure übertragen. Sie entwickeln zunehmend positive Energie für die Umsetzung der verantwortlich übernommenen Schritte.
    Berater/innen unterstützen diesen Prozess, schaffen einen allparteilichen Rahmen für die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses eines Handlungskonzepts und schlagen geeignete Formate für dessen Darstellung vor. Berater/innen schaffen einen Anlass, der die gemeinsame Selbstverpflichtung der Akteure, eigenständig Maßnahmen zur Unterstützung konstruktiver Konfliktverläufe umzusetzen, bekräftigt und u.U. öffentlich symbolisiert. Sie sind wachsam gegenüber Rückschlägen und Fallen im Prozess, die alten Opferrollen wieder Gewicht verleihen könnten.
  6. Maßnahmen umsetzen
    Die Umsetzung der Maßnahmen wird durch die Berater/innen weiter begleitet. Wo notwendig, wird die Umsetzung durch das Hinzuziehen externer Fachleute unterstützt. Die Ergebnisse dieser Phase liegen auf der Durchführungsebene und können z.B. in periodischen Aktionsplänen festgehalten und mit Indikatoren belegt und abgearbeitet werden. Maßnahmen sind Teil der Portfolios der handelnden Akteure in der Kommune. Berater/innen überprüfen fortlaufend die Notwendigkeit ihrer Anwesenheit in den jeweiligen Umsetzungsschritten und ziehen sich zurück, wo immer es möglich erscheint. Sie leiten dazu an, Wirkungen im Blick zu behalten.
  7. Exit-Strategie
    Der Konfliktbearbeitungsprozess durch Akteure in der Kommune läuft selbständig. Erfahrungen können auf neue Fragestellungen übertragen werden, da die Kapazitäten dafür vorhanden sind, mobilisiert oder geschaffen werden können. Berater*innen verlassen den Prozess und bieten maximal an, im Kontakt zu bleiben.

Dieser Beratungsprozess verläuft nur bedingt in der dargestellten Chronologie, was an der eingangs geschilderten Komplexität in Form von Ungleichzeitigkeiten und Machtungleichgewichten im kommunalen Konfliktgeschehen liegt. Es wird immer wieder notwendig sein, im Rahmen der Bearbeitung von Neben- und Folgekonflikten mit neu hinzugezogenen Akteuren in frühere Bearbeitungsphasen zurückzuspringen.

Damit dieses Vorgehen vor Ort nachvollziehbar bleibt, vereinbaren die Kooperationspartner – also die Gemeinde, Stadt oder der Landkreis und der Beratungsträger – die Einrichtung einer Lenkungsrunde oder Steuerungsgruppe, die den institutionellen Rahmen der Beratung schafft, indem die Kooperationsvereinbarung fortgeschrieben wird, eventuelle Anpassungen vorgenommen werden und die für die Organisation der Beratung notwendigen Vereinbarungen getroffen werden: Finanzierung des Beratungsprozesses, Qualitätsmanagement, Wirkungsbeobachtung, etc. Die Anbindung der Berater/innen-Teams an einen Träger, der diese Funktion im Sinne eines öffentlich–zivilgesellschaftlichen Kooperationsprojekts arbeitsteilig und getrennt von der konkreten Beratungsleistung wahrnimmt, hat sich daher als sinnvoll erwiesen.

Über Konflikte sprechen als Qualitätsmerkmal

Häufig wird Kommunale Konfliktberatung erst dann angefragt, wenn Konflikte bereits hoch eskaliert sind und ihre Existenz aufgrund einer öffentlichen Debatte nicht mehr zu leugnen ist. Wünschenswert wäre dagegen eine frühe Anfrage, wenn sich das Konfliktgeschehen noch nahe an einem latenten Stadium befindet. Dies wäre auch die kostengünstigere Variante.

Erfahrungsgemäß belastet die konstruktive Bearbeitung kommunaler Konflikte die (finanziellen) Budgets von Gemeinden, Städten oder Landkreisen weniger als die Folgen einer Konflikteskalation. Ausgehend von der Erkenntnis, dass Konflikte bereits in einem frühen Stadium eine Unterstützung von außen erfordern, um eine sich ständig selbst beschleunigende Abwärtsspirale der Eskalation zu vermeiden, könnte das Erkennen und Sprechen über Konflikte zu einem Qualitätsmerkmal kommunalen Handelns werden. In einer Zeit, in der bei schwindenden kommunalen Budgets die Entscheider/innen auf Mitwirken und Engagement vor Ort angewiesen sind, um ein aktives und lebendiges Gemeinschaftsleben zu erhalten und zu fördern, wären Konflikte sogar wünschenswert, weil sie die wahren Interessen und Bedürfnisse von Gruppen deutlich machen und Teilhabe geradezu einfordern.

Dabei beabsichtigen Träger der Kommunalen Konfliktberatung wie das Forum Ziviler Friedensdienst und das Kompetenzzentrum Kommunale Konfliktberatung des VFB Salzwedel nicht, in Zukunft eine immer weiterwachsende Zahl von Gemeinden, Städten oder Landkreisen zu beraten. Ihnen ist im Gegenteil daran gelegen, auch weitere Trägerorganisationen zu motivieren, entsprechend der geschilderten Standards Beratung bei Konflikten auf kommunaler Ebene anzubieten.

 

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in: Outi Arajärvi, Christine Schweitzer (Hrsg.) »Konfliktbearbeitung in der Nachbarschaft« Praxisbeispiele für ein friedliches Miteinander aus Deutschland, der Slowakei, Indien, den USA und Bosnien-Herzegowina, Arbeitshilfen Nr. 57, Verlag Stiftung Mitarbeit, Bonn 2021, S. 83-100.

Sie können das Buch hier unter www.mitarbeit.de bestellen.

Die Autoren

Hagen Berndt ist Trainer für Systemische Konfliktanalyse und Kommunikation im interkulturellen Kontext (www.hagenberndt.de).

Wolfgang Dörner ist Referent »Beratungsprozesse Kommunale Konfliktberatung« beim Forum Ziviler Friedensdienst e.V..

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