Playback-Theater bringt Köln zum Staunen

Ausstellung „Gesichter des Friedens“ im FORUM Volkshochschule eröffnet

In Köln eröffnete die Porträt-Ausstellung „Gesichter des Friedens“ des forumZFD mit einer großen Vernissage. Zwei der zehn Porträtierten, die Schauspielerinnen Yuliia aus der Ukraine und Anastasia aus Russland, waren extra aus Berlin angereist. Mit ihrer Theatergruppe linii zeigten sie dem Publikum, wie Theater Dialog ermöglichen kann. Aber auch ehrenamtlich Aktive aus Köln kamen bei der Vernissage zu Wort. Sie machten deutlich, dass Engagement für den Frieden direkt vor der eigenen Haustür beginnen kann.
Bei der Ausstellungseröffnung trat die Playback-Theatergruppe linii auf.
© forumZFD, Fotograf: Ruben Barezi

Begleitet von Klaviermusik bewegen sich die vier Schauspielerinnen leichtfüßig über die Bühne. Barfuß und ganz in schwarz gekleidet umkreisen sie einander, erstarren manchmal, setzen sich erneut in Bewegung, rufen dem Publikum etwas zu, flüstern dann wieder. Ihr Tanz wirkt wie der eines einzigen Wesens, scheinbar ohne jede Absprache reagieren sie mühelos auf die Bewegungen der anderen, und erzählen mit ihren Körpern und ihrer Mimik die Geschichten des Publikums, das gebannt zuschaut.

Rund 140 Besucher*innen sind an diesem Dienstagabend ins FORUM Volkshochschule im Museum am Neumarkt in Köln gekommen. Im Foyer konnten sie bereits vor Beginn die zehn Gesichter sehen, die bei der Veranstaltung im Mittelpunkt standen: Auf großflächigen Plakaten sind insgesamt zehn Menschen abgebildet, die sich auf unterschiedliche Weise für Frieden einsetzen. Sie alle werden in der Ausstellung „Gesichter des Friedens“ porträtiert. Herausgegeben wurde die Ausstellung vom forumZFD, welches zusammen mit der Kölner Freiwilligen Agentur, dem Forum für Willkommenskultur, der Aktion Neue Nachbarn und der Volkshochschule Köln zu der Vernissage eingeladen hatte. Gefördert wurde die Veranstaltung durch die Stadt Köln.

Die Ausstellung im Foyer des Museums: Auf großflächigen Plakaten werden zehn Menschen vorgestellt, die sich für Frieden einsetzen.

Auf den großen Plakaten und in dazugehörigen Videointerviews erzählen die zehn Porträtierten ihre Geschichten. Da ist zum Beispiel Fadwa Mahmoud, die sich für politische Gefangene in Syrien einsetzt. Oder Sayed Muhammad Hussaini, ein Künstler aus Afghanistan, der mit seinen Bildern auf die Situation von Frauen unter dem Taliban-Regime aufmerksam macht. Oder Otto Raffai, der die Kriege im ehemaligen Jugoslawien miterlebt hat und sich seit vielen Jahren für grenzüberschreitende Verständigung in seiner Heimatregion engagiert.

Die Ausstellung mache deutlich, dass es viele Wege gebe, etwas für den Frieden zu tun, so Moderatorin Hannah Sanders vom forumZFD zu Beginn der Vernissage: „Die Geschichten zeigen, dass Frieden viel mehr ist als die Abwesenheit von Krieg. Für einen nachhaltigen Frieden braucht es Menschenrechte, Versöhnung und Bemühungen um Dialog. Das ist mit einem bloßen Waffenstillstand noch lange nicht erreicht. Dafür braucht es Menschen, die sich auf diese Weise engagieren.“

„Die Geschichten zeigen, dass Frieden viel mehr ist als die Abwesenheit von Krieg“, so Moderatorin Hannah Sanders vom forumZFD.

Allen zehn Porträtierten sei gemeinsam, dass sie selbst Krieg und Flucht erlebt haben. Dies sei eine zentrale Motivation für ihr Engagement, betonte Hannah Sanders. Damit würdige die Ausstellung die vielfältigen Beiträge, die Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung zu Frieden, nachhaltiger Entwicklung und der Verwirklichung der Menschenrechte leisteten. Dieser Blick sei angesichts der aktuellen politischen Debatte besonders wichtig, in der Flucht und Migration vor allem als Sicherheitsrisiko dargestellt werde.

Bei der Ausstellungseröffnung kamen auch Menschen aus Köln zu Wort, die sich ehrenamtlich engagieren. Zuerst kam Mahmood Malhi auf die Bühne, Imam der muslimischen Ahmadiyya Gemeinde Köln. Der Theologe ist nicht nur als Seelsorger tätig und Mitglied im Rat der Religionen der Stadt Köln, sondern hat auch den „Ahmadiyya Muslim Peace Cycling Club“ gegründet – einen Friedensfahrradclub, der sich für interreligiösen Dialog einsetzt.

Imam Mahmood Malhi (3. von links) hat den Peace Cycling Club gegründet.

Die Fahrradtouren führten seine Gruppe zum Beispiel zu Kirchen, Synagogen und anderen Gotteshäusern, erzählte Malhi. Indem sie aktiv das Gespräch mit anderen Religionsgemeinschaften suchten, wolle der Fahrradclub zum gegenseitigen Verständnis und zur Toleranz beitragen. Darüber hinaus organisiere die Gruppe regelmäßig gemeinnützige Aktionen wie Essensverteilung an Bedürftige oder Blutspenden. Besonderes Aufsehen erregte eine Aktion des Fahrradclubs im vergangenen Winter: Bei Minusgraden bildeten die Mitglieder eine Menschenkette vor dem Kölner Dom, um ein Zeichen zu setzen gegen islamistische Anschlagsdrohungen. Es sei wichtig, in solchen Situationen als Muslim*innen klar Stellung zu beziehen, betonte Mahmood Malhi.

Als nächstes berichteten Tresor Niyonkuru und Tim Ebensberger von ihren Erfahrungen mit den „Welcome Walks“. Dieses Angebot der Kölner Freiwilligenagentur bringt Menschen mit und ohne Fluchterfahrung zusammen. In Tandems treffen sie sich in der Regel dreimal und gehen zum Beispiel spazieren oder einen Kaffee trinken. Bei Niyonkuru und Ebensberger blieb es allerdings nicht bei drei Treffen: Die beiden freundeten sich über das Programm an und sehen sich mittlerweile regelmäßig. 

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Niyonkuru, der aus Burundi nach Deutschland gekommen ist, berichtete, die „Welcome Walks“ hätten ihm beim Ankommen in der neuen Umgebung und beim Lernen der Sprache geholfen. Sein Tandempartner Ebensberger wiederrum hob hervor, dass das Format sehr gut angenommen werde und die Nachfrage nach Tandempartner*innen groß sei. Daher war sein Appell an das Publikum der Vernissage: Wer neugierig geworden sei, solle sich online über die Welcome Walks informieren, die er aus eigener Erfahrung sehr empfehlen könne.

Ebenfalls ehrenamtlich aktiv sind die Kölner Journalistin Kristina Koch und der Ingenieur Mowafaq Abdulmuati. Gemeinsam haben sie den Verein „Cologne Cares“ gegründet, der humanitäre Hilfe in Konfliktgebieten leistet. Zum Beispiel bringen die beiden Hilfsgüter in die Ukraine und nach Gaza. Kristina Koch betonte: Für sie gebe es keine Grenzen und keinen Unterschied zwischen ‚hier‘ und ‚da‘ – wenn Menschen auf der Welt in Not seien, wolle sie helfen und etwas dagegen tun. Mowafaq Abdulmuati, der ursprünglich aus Mossul im Irak stammt, erzählte, er habe nach seiner Ankunft in Deutschland viel Solidarität erfahren und gelernt, dass zivilgesellschaftliches Engagement viel bewegen könne. Das habe ihn motiviert, selbst aktiv zu werden.

Die drei Beispiele aus Köln – der Friedensfahrradclub, die Welcome Walks und der Verein „Cologne Cares“ – zeigten, dass alle Menschen aktiv werden könnten, betonte Moderatorin Hannah Sanders. Frieden sei kein abstrakter Begriff, sondern könne auf diese Weise direkt vor der eigenen Haustüre Form annehmen: etwa durch interreligiösen Dialog, ein friedliches Miteinander in den Nachbarschaften oder durch Hilfe für Menschen in Not.

Anschließend leitete die Moderatorin zum Hauptteil des Abends über: dem Auftritt der internationalen Theatergruppe „linii“ aus Berlin. Die zwei Gründerinnen der Gruppe, Yuliia aus der Ukraine und Anastasia aus Russland, sind zwei der zehn „Gesichter des Friedens“, die in der Ausstellung porträtiert werden. Beide Frauen mussten wegen des Krieges ihre Heimat verlassen und leben heute in Deutschland. Mit „Playback“, einer Form des Improvisationstheaters, schaffen sie Räume für Dialog und Begegnung, auch von Menschen aus Russland und der Ukraine.

Die Theatergruppe linii auf der Bühne.

Bei der Vernissage vermittelten sie dem Publikum einen Eindruck davon, wie sie mit ihrer Kunst Grenzen überwinden und Menschen zusammenbringen. Bei Playback-Theater stehen Geschichten im Mittelpunkt: Zunächst erzählt jemand aus dem Publikum von einer persönlichen Erfahrung oder einem Erlebnis. Dieses setzen die Schauspielerinnen anschließend auf der Bühne in Szene, begleitet von Musik. Durch die ausdrucksstarke Performance werden die Gefühle veranschaulicht, die die Person in dem Moment durchlebt hat – das Theater ermöglicht es dadurch, sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen und Empathie zu empfinden. Indem die Menschlichkeit und nicht der Schlagabtausch unterschiedlicher Meinungen oder Argumente im Vordergrund steht, wird Verständigung möglich.

Dieses Konzept ging auch in Köln auf: Mehrere Zuschauer*innen fassten sich ein Herz und teilten persönliche Erlebnisse mit dem Saal. Feinfühlig veranschaulichte die Theatergruppe das Gehörte auf der Bühne, mal leise und nachdenklich, mal mit Humor, mal laut und kraftvoll. Das Publikum verfolgte den Auftritt gespannt und belohnte die Theatergruppe am Ende mit viel Applaus. Die lebhaften Unterhaltungen anschließend im Foyer zeigten: Kunst kann verbinden – und Menschen miteinander ins Gespräch bringen.

Nach der Vernissage unterhielten sich viele Zuschauer*innen noch im Foyer.

Die Ausstellung „Gesichter des Friedens“ des forumZFD kann noch bis zum 24. Oktober 2024 in Köln besichtigt werden:

VHS Studienhaus am Neumarkt (Foyer 1. Obergeschoss), Cäcilienstr. 35, 50667 Köln

Öffnungszeiten:
Mo–Fr 9 bis 21 Uhr
Sa–So 9 bis 18 Uhr.

Eintritt frei!

Mehr Infos zur Ausstellung finden Sie hier.

Die Erstellung der Ausstellung wurde gefördert durch ENGAGEMENT GLOBAL mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit sowie durch die Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen.

Die Vernissage war eine Kooperationsveranstaltung des forumZFD mit der Kölner Freiwilligen Agentur, dem Forum für Willkommenskultur, der Aktion Neue Nachbarn und der Volkshochschule Köln. Wir bedanken uns herzlich für die Förderung dieser Veranstaltung durch die Stadt Köln und die Aktion Neue Nachbarn im Erzbistum Köln.

© forumZFD