Im Koalitionsvertrag haben die Ampelparteien angekündigt, im ersten Jahr der neuen Bundesregierung eine umfassende Nationale Sicherheitsstrategie vorzulegen. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges bekommt dieses Vorhaben nun eine ganz neue Brisanz. Was verbirgt sich dahinter? Wir beantworten die wichtigsten Fragen. 

Was genau ist die "Nationale Sicherheitsstrategie"?

Die "Nationale Sicherheitsstrategie" soll zukünftig die Rahmenbedingungen und Leitlinien der internationalen Politik Deutschlands festschreiben. Es handelt sich um das erste Projekt dieser Art in der Geschichte der Bundesrepublik. Der Prozess startete am 18. März 2022, ein erster Textentwurf soll im Sommer stehen. Viel mehr ist noch nicht bekannt.

Klar ist jedoch, dass mit der "Nationalen Sicherheitsstrategie" Entscheidungen darüber getroffen werden, welche Prinzipien und Ziele die internationale Politik in Deutschland künftig verfolgt. In ihrer Rede "Die Sicherheit der Freiheit unseres Lebens" betonte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, dass es dabei nicht nur um die Außenpolitik geht. Auch andere Ministerien, Ressorts und gesellschaftliche Bereiche seien von der Sicherheitsstrategie betroffen.

Warum ist die Strategie relevant für die Friedenspolitik?

Aus friedenspolitischer Sicht besteht die große Gefahr, dass sich in der "Nationalen Sicherheitsstrategie" diejenigen Stimmen durchsetzen, die Sicherheit mit militärischer Stärke gleichsetzen. Dies wäre eine Fortführung einer Politik der traditionellen "Sicherheitslogik", die davon ausgeht, dass Sicherheit mit der Größe des Verteidigungsapparates zunimmt.

Die "Sicherheitsstrategie" wird nun ausgerechnet in einer Zeit entwickelt, in der die politische Stimmung aufgrund des Krieges in der Ukraine aufgeheizt ist. Weitreichende Entscheidungen und Prozesse finden gleichzeitig statt: Etwa die Anschaffung von atomwaffenfähigen F-35 Kampfflugzeugen, die von Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigte 100-Milliarden-Aufrüstung der Bundeswehr und die Pläne von NATO und EU, ihre Strategien militärisch neu auszurichten.

Aus friedenslogischer Sicht führt diese Politik in eine Sackgasse. Denn Abschreckung, Konfrontation und Gewalt sind ungeeignet, um nachhaltig friedliches Zusammenleben zu ermög­lichen. Und sie liefern keine Antworten auf die vielfältigen Unsicherheiten und globalen Bedrohungen, denen sich Individuen oder die ganze Menschheit ausgesetzt sehen.

Welche Alternativen gibt es zu militärischer Sicherheit?

Wirkliche Sicherheit kann nur aus Frieden erwachsen. Und Frieden kann es niemals gegen andere, sondern immer nur mit den jeweils anderen geben. Zum Aufbau friedlicher Gesellschaften und dem gewaltfreien Umgang mit Konflikten hält die Zivile Konfliktbearbeitung einen bewährten Instrumentenkoffer bereit: Sie setzt auf die Bekämpfung der Ursachen von Gewalt, Prävention, Deeskalation, Kooperation und Versöhnung.

In Ergänzung dazu bedeutet ein erweiterter Sicherheitsbegriff, das Wohlergehen und eine friedliche, lebenswerte Zukunft für alle Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Das Konzept der "Menschlichen Sicherheit" etwa zielt auf die Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse: Schutz vor Krankheiten, die Stärkung von Menschenrechten, Ernährungssicherheit und Klimaschutz.

Was fordern wir von der die "Nationalen Sicherheitsstrategie"?

Die Welt steht vor immensen globalen Herausforderungen. Die Lebensgrundlagen der kommenden Generationen sind existentiell bedroht. Der Bericht des Weltklimarates von Februar 2022 warnt, dass ein kurzes und sich schnell schließendes Zeitfenster verbleibt, um eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle zu sichern. Der Bericht prophezeit, dass die Welt bis 2040 kränker, hungriger, ärmer und gefährlicher werden wird.

Dem muss die "Nationale Sicherheitsstrategie" Rechnung tragen! Was die Weltgemeinschaft jetzt dringend braucht, ist entschlossenes Handeln, um Klimakrise, Hunger, Pandemien und Artensterben zu bekämpfen. Dazu gehört auch, den desaströsen Auswirkungen von Krieg und Aufrüstung auf Mensch, Natur und Klima ein Ende zu setzen.

Daher erwarten wir, dass die "Nationale Sicherheitsstrategie" eine Friedensstrategie wird! Sie sollte den Fokus auf Prävention und die Verhinderung von Gewaltkonflikten legen. Diplomatie, Zivile Konfliktbearbeitung und Abrüstung müssen an erster Stelle stehen. Denn nur so lässt sich wirkliche Sicherheit schaffen!

Wie können Sie dazu beitragen?

Gemeinsam mit Ohne Rüstung Leben haben wir unsere Forderungen an die "Nationale Sicherheitsstrategie" auf den Punkt gebracht. Schicken Sie die Aktionspostkarte mit unseren Forderungen jetzt an die Bundesaußenministerin und sagen Sie mit uns:

Frau Baerbock, machen Sie die Nationale Sicherheitsstrategie zur Friedensstrategie!