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DRIM SHORT FILM FESTIVAL

Kurzfilme für Versöhnung

Seit der Unabhängigkeit 1991 ringt Nordmazedonien um inneren Frieden und Entwicklung. Im Land leben rund zwei Millionen Menschen, davon sind etwa 64 Prozent ethnische Mazedonierinnen und Mazedonier. Die größte unter den verschiedenen Minderheiten bilden Albanerinnen und Albaner. 2001 kam es zu einem bewaffneten Konflikt zwischen albanischen Rebellen und der nordmazedonischen Armee. Die Gräuel von damals haben das gesellschaftliche Miteinander stark beschädigt. Die konfliktgeladene Vergangenheit aufzuarbeiten, bleibt weiterhin eine der wichtigsten Aufgaben, um den Frieden in der Region zu fördern.
DRIM SHORT FILM FESTIVAL 1
© forumZFD North Macedonia

Ein Beispiel dafür ist die Kooperation mit dem Kurzfilmfestival DRIM in Stuga, auf dem Kurzfilme aus Nordmazedonien und ganz Europa gezeigt werden. Das forumZFD in Skopje ging eine Partnerschaft mit dem Festival ein und ermöglichte zehn jungen Menschen einen Kurs zum Thema Filmemachen und Vergangenheitsbearbeitung. Die Teilnehmenden, darunter Studierende an Filmhochschulen, erhielten von Fachleuten praktische Einblicke ins Handwerk des (Kurz-)Filmmachens – vom Drehbuchschreiben über Regie- bis zur Kameraführung. Inhaltlich beschäftigten sie sich mit dem Thema „Umgang mit der Vergangenheit“ und wurden dabei vom forumZFD unterstützt. Im Vordergrund stand, wie sich vergangenes Unrecht und Verbrechen objektiv aufarbeiten lassen, welcher Erzählansatz für die Geschichte gewählt werden kann und wie man sich künstlerisch mit dem Krieg von 2001 auseinandersetzen könnte.

© forumZFD North Macedonia

Die ersten beiden Tage erhielten die Teilnehmenden Einblick in das Thema des Kurses und in das bevorstehende Projekt. Sie lernten, warum Ereignisse in der Vergangenheit objektiv recherchiert und Geschichten über die Vergangenheit und den Krieg von 2001 sensibel erzählt werden müssen. Außerdem nutzten sie die Zeit, um sich gegenseitig kennenzulernen und auszutauschen. Dabei begleitete sie eine Projektmanagerin des forumZFD.

In den nächsten Tagen beschäftigten sich die Teilnehmenden mit der Möglichkeit das Medium Film zu verwenden, um die Vergangenheit auf künstlerische Art und Weise aufzuarbeiten. Kunst ist ein wichtiger kultureller Wert für die Gesellschaft und vermittelt eine starke Botschaft. So kann und soll die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema zu mehr Toleranz und einem gemeinsamen Verständnis zur Thematik der Vergangenheitsbewältigung führen. Die Teilnehmenden lernten zudem wie sensible Themen objektiv und vorurteilsfrei in einem Film verarbeitet werden können.

Den ersten Teil des Filmworkshops gestaltete Mentor Jakov Poposki, indem er den Teilnehmenden die Basics zum Drehbuchschreiben näherbrachte. Dabei lag der Fokus auf der Geschichte, die die Grundlage für einen Film ist. Nach und nach wird sie durch dramaturgische Mittel ausgebaut und entwickelt sich letztendlich zu einem Filmskript. Dieser Prozess gilt als eine der wichtigsten Phasen der Filmproduktion.

© forumZFD North Macedonia

Die Regieführung war Gegenstand der zweiten Filmworkshophälfte. Hier arbeiteten die Teilnehmenden mit Lidija Mojsovska. Sie sollten ein Bewusstsein für die Verantwortung bekommen, die man als Regisseur*in übernimmt und erfahren welche Rolle der*die Regisseur*in im Filmteam einnimmt. Außerdem erhielten sie eine Einführung in den Begriff des Regiestils, d.h. das Vorgehen bei der Regieführung.
In der nachfolgenden Einheit setzten sich die Teilnehmenden mit der Geschichte und wichtigen Werken der Filmkunst auseinander. Sie beschäftigten sich mit den Unterschieden zwischen Dokumentation und Spielfilm, den Vor- und Nachteilen der beiden Genres und dem Einfluss aufeinander.

© forumZFD North Macedonia

Furkan Idrizi war Teilnehmer des Kurses und beschreibt, weshalb das Thema für ihn ebenso wichtig wie herausfordernd ist: „Mich hat schon immer gestört, dass wir nur wenig über die Vergangenheit wissen. Wir trauen uns kaum, frei über den Krieg von 2001 zu sprechen. Vielleicht weil wir Angst haben, dass wir alte Wunden aufreißen, die noch nicht gut verheilt sind. Aber die nicht verheilte Wunde wird mit der Zeit zu einer größeren Infektion... Neben dem Erwerb von Wissen aus dem Bereich des Films war die Fortbildung für mich eine perfekte Gelegenheit zu erforschen, was uns daran hindert, gemeinsam voranzukommen.“ Auch für Teilnehmerin Marija Perchinkovska hat das Thema Vergangenheitsbearbeitung eine große Bedeutung: „Für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung ist es wichtig, sich der Vergangenheit zu stellen, unabhängig davon, ob es sich dabei um den guten oder den schlechten Teil handelt. Außerdem denke ich: Egal, wie sehr ein Künstler versucht, die Vergangenheit zu meiden: Sie prägt ihn doch dauerhaft.“

Bei der Fortbildung blieb es aber nicht nur bei der Theorie. Die Teilnehmenden entwickelten die Idee für ein gemeinsames Thema und ein Drehbuch und produzierten in den Wochen nach dem Kurs gemeinsam einen Kurzfilm mit dem Titel „Reconciliation“ (Versöhnung). Der Film zeigt das Leben zweier Nachbarn 20 Jahre nach dem Krieg in Nordmazedonien. Der eine ist ein ehemaliger mazedonischer Polizist, der andere ein Albaner, der damals im bewaffneten Konflikt kämpfte. Im Film ist zu sehen, wie zerbrechlich die Beziehung der beiden ist, weil sie noch immer mit der Bearbeitung der Vergangenheit beschäftigt sind. Am Ende schließlich erinnern sie sich daran, dass sie einmal Freunde und gute Nachbarn waren.

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